Ich hatte 2020 dazu schon einen Eintrag. Und muss leider nochmal nachlegen ...
Gestern sah ich eine Welpenanzeige, in der hervorgehoben wurde, dass die Schipperke-Welpen aus einer Sport-Mutter und einem Show-Vater sind.
Erstmal frage ich mich, wie definiert sich das denn?
Sieht ein Showhund „besser“ aus als ein Sporthund?
Ist er dumm und kann nur im Kreis laufen?
Ein erfolgreicher Showhund braucht gute Nerven, muss sich von jedem ohne behutsame Kontaktaufnahme anfassen lassen (steht dem Schipperke nicht gerade im Rassestandard) und dabei eine stolze Haltung zeigen, muss im Kreis laufen können, wenn andere, erstmal gleichgeschlechtliche, Hunde vor oder hinter ihm laufen, ohne zu ziehen oder den Hintern einzuklemmen.
Zumindest muss er sicher, fest und versammelt stehen können und an der losen Leine laufen, auch im dicksten Trubel.
Wenn die Klasse gut gemeldet ist, kann es auch sein, dass der Hund seine Konzentration und seinen Fokus eine halbe Stunde halten muss.
Sollte er gewinnen, muss er eventuell einige Stunden später nochmal in den Ehrenring, der noch deutlich voller sein kann, mit Mikrofon besprochen und da nochmal auf den Punkt „showy“ sein.
Und ist ein Sporthund im Standard schlechter, weshalb er nicht für Ausstellungen geeignet ist?
Hat er morphologische Fehler?
Lässt er sich von fremden nicht anfassen, fehlen ihm die Nerven auf einer Show?
Ein Sporthund muss Fokus zeigen können, muss Dinge aushalten oder ausführen, die nicht zu seiner Lieblingsaufgabe gehören. Darf sich auf größeren Prüfungen nicht ablenken lassen. Auch wenn man erst spät dran ist, muss er noch arbeiten können. Er muss sich bei der Unbefangenheitskontrolle und beim Chip ablesen oder im Obedience anfassen und betasten lassen.
Beide Hunde brauchen ein funktionales Gebäude um gut bewertet zu werden und um Leistung zeigen zu können. Beide brauchen gute Nerven, beide müssen Teamplayer sein.
Die Trennung in Sport und Show hat noch keiner Rasse gut getan. Ob es der Deutsche Schäferhund ist, die Belgischen Schäferhunde, der Labrador usw.
Wusstet ihr eigentlich, dass ihr bei Nichteignung und vorher diesbezüglich zugesicherten Eigenschaften Minderungs/Wandelungs-Rechte habt?
Mal ganz drastisch gesprochen: Ich verkaufe keinen Sporthund. Wird der Hund einmal auf dem Platz von einem anderen zusammengebissen und möchte danach nicht mehr dort arbeiten, bin ich im Endeffekt die Doofe.
Hat der Hund einen schweren Fehler laut Standard, meinetwegen fehlen vier Zähne, bin ich es ebenfalls, wenn ich ihn als Showhund verkauft habe. Oder der Hund fällt vom Tisch, ein Richter tut ihm blöd weh und er steht nie wieder unbefangen im Ring.
Der Schipperke ist ein hervorragend anpassungsfähiger Hund, oft und rassentypisch skeptisch/zurückhaltend mit Fremden. Er ist nicht selektiert auf Sport oder Show - bisher, das ändert sich leider gerade bei einigen ganz schlauen Züchtern, die diese Attribute als Werbung nutzen um bestimmte Klientel anzusprechen.
Ich bin der Meinung, und die stützt sich auf Erfahrung über drei Rassen, dass ein Hund „schön und gut“ sein kann und muss. Beide Sparten benötigen im groben die gleichen Voraussetzungen.
Ein Hund der im Sport top ist, muss es, wenn er dem Standard entspricht, auch auf der Show sein.
„Hund zeigt sich nicht“ bedeutet dann einfach, der Besitzer hat nicht genug trainiert.
Wer einem Hund diffizile Übungen im Sport vermitteln kann, der kann ihn auch für die Show trainieren.
Ich mache mit meinen Hunden keinen Sport im herkömmlichen Sinne. Ich weiß aber, wie sie arbeiten, denn natürlich muss ich meine Hunde beschäftigen und ihnen Dinge beibringen. Ob nun für den Alltag, den Sport, oder die Ausstellung - der Hund weiß nicht, wofür und es ist ihm auch egal. Er möchte beschäftigt und fair ausgebildet werden. Gelingt mir das, zeigt sich der Hund überall gut.
Klemmt ein Hund auf dem Tisch die Rute, wird er es auch beim Stehen und Betasten - wenn es denn so in seinem Wesen angelegt ist. Wenn nur in einer der beiden Situationen -> schlecht trainiert.
Ich habe aus meinen Hunden beides züchten können. Und keiner von ihnen wurde mir als Sport- oder Showhund verkauft.
Ich habe Welpen gekauft und daraus gemacht, was ich daraus gemacht habe.
Sie hatten ein Grundgerüst als sie hier einzogen und der Rest lag und liegt an mir.
Tut dem Schipperke einen Gefallen und erhaltet ihn als Allrounder. Er hat genau diese Anpassungsfähigkeit, weil er nicht aufgeteilt und selektiert wurde. Er hat sie, weil er einfach als Begleithund im Alltag vielen Eindrücken ausgesetzt ist und ein gutes Nervenkostüm braucht.
Ich war oft im Körtraining für die Malinois. Wieviele -harte Sport-Malis- ich gesehen habe, die sich beim Messen und Wiegen, beim Überwinden einer Wippe, eines Stegs oder dem Durchgang durch einen Tunnel fast eingemacht haben, kann ich nicht genau beziffern, es waren erschreckend viele, die dafür Training benötigten.
Noch keiner meiner Schipperke hatte damit ein Problem, nicht mit Höhen, nicht mit Untergründen. Ohne Training wohlgemerkt.
Ich habe Schipperke aus „Show-Schmieden“ gekauft, die durchaus Defizite zeigten. Ob das nun daran liegt, dass Generationen davon schon nicht mehr im Alltag gelebt haben (Epigenetik) oder daran, dass Masse produziert wird und die eingehende Beschäftigung mit den Welpen fehlt, vermag ich nicht sicher zu sagen. Ich denke, beides trägt seinen Teil bei.
Der Schipperke ist im Geist hellwach, und neigt dadurch zur Reaktivität.
Wenn dies aber in unpassende Reaktivität umschlägt, ist es nicht mehr gesund. Der Hund steht ständig unter Stress. Man sieht das beim Malinois sehr häufig. Viele sind als Haushund nicht mehr zu ertragen und sind unter vielen Reizeinflüssen bemitleidenswert gestresst, bis ungewollt verhaltensauffällig. Das vorzeitige Ergrauen hängt meines Erachtens auch zum Teil damit zusammen. Ich sehe das tatsächlich neuerdings auch vereinzelt beim Schipperke, der eigentlich bis ins hohe Alter bis auf ein paar weiße Stichelhaare schwarz bleibt.
Für mich ist übrigens extreme Reaktivität auch ein Qualzuchtmerkmal.
Erspart das dem Schipperke bitte. Ihr erfindet das Rad nicht neu, wenn ihr Sport- oder Show-Hunde züchtet. Ihr macht es nur schlechten Beispielen nach.